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Gerharz und Gertz1.
( Girhartz, Giertz, Goertz .. )
Der Name dieser weit verzweigten
Töpferfamilie leitet sich von den Vornamen GERHARD, GERHART und GERD ab. Der
Niederländer Erasmus von Rotterdam heißt mit seinem „bürgerlichen" Namen
GEERT, und er ist der Sohn des Geert, also hat er Geert Geerts geheißen.
Besonders häufig ist der Name im 16.
Jahrhundert in Köln gewesen, weshalb ein süddeutscher Schrift steller sagen
konnte, alle Kölner heißen Gerhard.
Die Namensform GIERTZ (Gerz) taucht in
den Eulerlisten etwa ab 1700 auf, vorher heißt der Name Gerharts.
1641 ist im Vallendarer Kirchenbuch
(zuständige Pfarrkirche) ein „Figulus", d.h. Töpfer, mit Namen Rutger
Gerhardts aufgeführt. 1654 zahlt er wie 21 andere Euler das Ofengeld von acht
Gulden.
Weitere Gerharz bis 1662 sind Rütger
Gerhards der Jüngere und Hermann Gerharts, außerdem Wilhelm Gerharts. 1668
betreibt die Witwe Maria Gerharts das Eulerhandwerk, ebenso die drei
Vorgenannten.
Das Eulerverzeichnis in der „Grafschaft
Vallendar von 1672 nennt neben einer Witwe Rütger Gerhardt weitere fünf
Gerharz, nämlich neben Hermann Gerhardts je zweimal Rütger und Wilhelm
Gerhardts. Die Schwankung der Namensschreibung ist ebenso beachtlich wie die
Verwendung des Vornamens Rüdiger in der Schreibform Rütger oder Rutger. Für die
Jahre 1715 und 1723 ist Rudger/Rodger Gerz bezeugt, der sich in wechselnder
Schreibweise dokumentiert: als Girtz, Görtz Zunftmeister und treibt neben dem
Kannenbäckerhandwerk auch Handel als Krämer.
Bis
in dieses Jahrhundert bestehen in Hillscheid die beiden Namen Gerharz und Gerz.
Wimar Gerz (Girtz, Görtz), Kannenbäcker und 1723 als Grundbesitzer in
Hillscheid bezeugt, heiratet die 1689 in Höhr geborene und 1767 in Hillscheid
verstorbene Elisabeth Menningen. 1726 ist er als Taufpate in Holzhausen
aufgetreten, wohin ihn wohl verwandtschaftliche Beziehungen gerufen haben.
Neben den beiden Gerz ist auch Johannes Gerhards als Kannenbäcker tätig.
Einige Jahre später leisten unter 26
Eulern zwei Giertz sowie Balthasar Gerhardts und Peter Gelhardt ihre
Unterschrift. Bei letzterem ist das "l" mit einem "r"
überschrieben, also in „Gerhardt" verbessert. Etliche Jahre arbeitet auch
Peter Gerz III. hier. 1723 geboren, heiratet er Anna Maria, die ihn überlebt,
und stirbt 1778 in Hillscheid. 1750 notiert ihn der Zunftmeister in der
Ofengeldliste neben einem jüngeren Peter Gerz in der Schreibweise
„Giertz". 1767 wird keiner der beiden Gerz in der Untertanenliste
aufgeführt, obwohl einer noch 1762 tätig ist. Vor 1767 ist in Hillscheid der
1734 hier geborene Jakob Gerz (Jacob oder Jocob Giertz) III. tätig, der Sohn
des Wimar Gerz. Er geht später nach Wirges, wird zum Begründer der dortigen
Krugbäckerei und ist vor 1809 verstorben. Auch der zwanzig Jahre jüngere Johann
Theodor Gerz ist ihm nach Wirges gefolgt. Neben der Witwe des Johannes Gerz
arbeiten weitere sechs Gerz und ein Weymer Gerhartz 1750 als Krugbäcker.
Die
Anzahl der Krugbäcker Gerz vermehrt sich bis 1762 auf insgesamt 10, wobei auch
die Gerharz („Gierhartz") mitgerechnet sind. Das ist mehr als ein Viertel
der damals 37 Krugbäcker! Balthasar Gierhartz ist sowohl 1767 als trierischer
Untertan als auch als Euler 1769 bezeugt.
Viele
Euler sind abgewandert. Von den 37 Kannenbäckern, wie die Euler jetzt auch
genannt werden, sind 1767 16 als trierische Untertanen in Hillscheid
grundbesitzend. Eine Liste aller Euler, der Witwen, Meister und Halbmeister
(„Schnatzen"), von insgesamt 53 Personen nennt 16 mal den Namen
Gerz/Gerharz/Gelhart. Der Zunftmeister des Jahres 1771/72, Jakob Gerz, wird vor
die Ehrenbreitsteiner Hofkammer geladen und muß mit vier anderen Zunftgenossen
Auskunft über die Verwendung des Tons in Hillscheid geben. Ton findet ja nicht
nur in der Krugherstellung Verwendung, sondern auch bei „Blauwaren" als
„runde Wein- und Bierkannen", bei „Weißwaren als Butterdüppen, Wasser- und
Weinkannen" sowie schließlich bei sog. „Reffträger-ware", das ist
„allerlei Blau- und Weißware", die nicht über den Zunftvertreter, den
Faktor, nach Holland oder auf der Frankfurter Messe verkauft wird.
Neben
Jakob Gerz sind auch Peter Gerz („alter") und der gleichnamige jüngere
Gerz zu nennen. Was für die Krugbäcker Kamp gegolten hat im Hinblick auf den
Versuch, die schlechten Zeiten mit neuen Geschäftspraktiken zu ver bessern,
gilt auch hier. Wilhelm Gerz II. ist zusammen mit Johann Kamp (II.) angezeigt
worden, einen Ofen Ware mit dem trierischen Wappen anstatt nach Selters an
einen nichttrierischen Brunnen verkauft zu haben.154) Wie die Lebenslage der
Euler ist, verrät folgendes: Das Handwerk scheint keinen „goldenen" Boden
mehr zu haben, denn Johannes Girtz (1788: Gertz(35)) muß sein Brot als
Bierbrauer und Kannenbäcker verdienen. Er brennt mehr Krüge, als zunftmäßig und
vertraglich vereinbart ist und wird deshalb mit einer Geldstrafe von 45 Albus
belegt. Auf dem nächsten Zunfttag 1782 trifft es ihn neben Jakob Girtz wieder:
Beide müssen je 36 Albus zahlen. Sie sind nicht die einzigen, die gegen die
strengen Zunftregeln verstoßen.
Die
folgenden Jahre werden zunehmend politisch und wirtschaftlich instabil. Die
Revolutionskriege treffen mit ihren Folgen besonders hart die Menschen im
Hinterland der Festung Ehrenbreitstein.
Unter
den Kruglieferanten des Jahres 1794 finden sich sechs Gerz bzw. Gerhartz. Zur
Unterscheidung ihrer Namen dienen neben den bekannten Abkürzungen Wittib
(Witwe), Junggesell, Jung auch „Roter", dies sogar zweimal. Der
Junggeselle Jacob Girz (1763 - 1820), der Sohn des Peter und Enkel des Weymer
Giertz, heiratet 1795 in Pressath die Tochter des nach dort abgewanderten
Töpfers Klauer und begründet die Familie Görz.
Die
Holzzuteilung ist trotz des angelegten Holzmagazins ein Problem, denn im
Festungsbereich wird ständig Holz für Palisaden aus dem Hillscheider Wald
angefordert. So verwundert es nicht, wenn sie in diesem Falle an den
Junggesellen Wilhelm Gerz 1796 aus dem Vallendarer Kameralwald erfolgt ist.
Das
Handwerk kann, wie es Bürgermeister Johann Joseph Kleudgen meldet, nicht
getrieben werden „wegen dem Krieg". Deshalb wandern wieder Euler ab.
Diesmal sind es vier Gerz, die nach
Fritzlar gehen. Heinrich und Johann Görtz, Jakob Gerz und Jakob Görtz. Auch in
dem rheinischen Töpferzentrum Frechen gibt es in diesen Jahren Töpferfamilien
Görtz. Nicht nur die politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse, auch die
rechtlichen sind äußerst unsicher. So wird am 15. Dezember Johann Wolf
„Enges" von der Räuberbande des Fetzer vom Friedhof aus, wo sich die
Räuber versteckt hatten, in seiner Wirtschaft in der Kirchstraße/Emser Straße
ausgeraubt.
Da
die Söhne abgewandert sind, müssen die erwitweten Krugbäckermeisterinnen den
Betrieb aufrechterhalten, wie die „Kannenbeckerinnen" Anna Gertrud und
Maria Anna Gerz („Gerzin"). Noch 1814 erscheint die Witwe des Jakob Gerz
in den Listen, denn sie betreibt einen Krugofen. Die Witwe des Johann Gerz
(„Johann Gerzen wittib") unterschreibt einen Vertrag. Viele Mitglieder der
großen Töpferfamilie sichern sich nun Anteile an Tongruben, sog. Kuxen, oder
erwerben sie ganz für sich und ihre Familie, denn oft werden auch die Ehefrauen
in den Belehnungsurkunden genannt. So erhält Jakob Gerz („Gärz") am 18. 6.
1819 eine Belehnung auf Ton mit der „Zeche" Fallershausen. Für den Bau
einer neuen Wasserleitung zum "Höhebrunnen" bekommt Peter Gerz l.
1827 den Auftrag der Gemeinde. Er liefert die Brunnenrohre, die bereits eine
Muffe zum Ineinanderstecken und Zusammenschrauben haben. Als Vertreter der
Krugbäcker („Faktor") gegenüber dem Handel ist Johann Gerz tätig, In einem
Prozeß bestreitet er seine Aussage gegenüber Letschert wegen des Kaufs von
Ausschußkrügen. Diese sind gemäß den gültigen Kruglieferungsverträgen nicht
„lieferbar".' Drei Gerharz und sieben Gerz sind unter den 31
Kruglieferanten des Jahres 1827. Schultheiß (Bürgermeister) Gerz stellt einen
Schadenersatzantrag an das Amt in Montabaur wegen des unrechtmäßigen Tonabbaus
durch„Dasige", d. h. Auswärtige.
Er
und Wilhelm Gerz II. werden mit der Grube Gottesgabe belehnt. 1835 sind
Bürgermeister Gerz, die Eheleute Jakob Gerz sowie Wilhelm Leopold Gerz Belehnte
der Grube Fallershausen, die jetzt Thon heißt. 1855/56 erwirbt Johann Cerz
III., seit 1852 Bürgermeister, mit Ehefrau Katharina geb. Gerz die Zeche Thon,
außerdem die Zeche Gottesgabe. Als Kuxenbesitzer ist er als 15. Besitzer in das
Gewerkebuch von 1870 eingetragen (für die Zeche Krebshohl). Erster ist dort
Johann Gerz II., damals schon Witwer, aber er hat sieben Erben. Auch Philipp
Gerz, dem die Mit-Akkordenten einst eine schmerzhafte Abreibung verpaßt hatten,
läßt sich belehnen, aber 1870 ist er schon tot. Als Repräsentant, Vertreter der
Krugbäckergewerkschaft gegenüber dem Bergamt, ist Jakob Gerz III., der
Schwiegersohn von Philipp Gerz, tätig.
In
diesen Jahren nach 1870 beliefern zwei Gerz den Hessen-Homburgischen Brunnen in
Bad Homburg mit Wasserkrügen, Martin Jakob Gerz, dessen Aufenthalt 1870
unbekannt ist, und von 1872 bis 78 Clemens Peter Gerz, der Sohn von Philipp
Gerz und Schwager von Jakob Gerz III. dessen Werkstatt und Krugofen bis 1892 an
der Stelle der jetzigen Alten Schule gestanden haben. Dort haben die
„Philbe" gewirkt.
Martin
Jakob Gerz hat keine ehelichen Erben, obwohl er verheiratet ist. Seine Krüge
für den Homburger Brunnen tragen das Zeichen MJG, sein Verwandter benutzt das
Kürzel CPG.(48b) Die Witwe von C. P. Gerz verliert am 20. Mai 1900 ihren
ererbten Anteil an der Tongrube Krebshohl durch Zwangs-Vollstreckung. Die
Nachkommen des o.g. Johann Gerz II., Josef Christian Gerz („Hou") und
Werner Gerz, gehören zu einer Töpferfamilie, die über dreihundert Jahre lang
das Eulerhandwerk hier betrieben hat. Sie sind auch die letzten Hillscheider
Krugbäcker gewesen.
1. Quelle: Rudolf Heller in
"1000 Jahre Hillscheid" Seite 164 - 166
Herausgeber: Ortsgemeinde Hillscheid,
1994 Satz und Druck: Druckerei Breiden GmbH, Höhr-Grenzhausen
In diesem Werk gibt es noch viel Interessantes über die Familien und den Beruf
des Eulers = Kannenbäckers zu lesen.